gedenkstätte st. christoph

Zweifellos stellt die Kirche St. Christoph als Gedenkstätte eine bedeutungsvolle und erhaltenswerte Bausubstanz dar und ist ein wichtiger Baustein in der Mainzer Kultur des Gedenkens an die Weltkriegszerstörungen. Der auf der Ruine fehlende Turmhelm symbolisiert die Zerstörung der Kirche wie kein anderes Bauteil des Gebäudes.  Zentraler Konzeptgedanke ist daher die Vermeidung einer Rekonstruktion des historischen Turmhelms. Vielmehr geht es darum, die durch die Zerstörung entstandene Lücke baulich zu veranschaulichen, um dem Fehlenden angemessen zu gedenken. Das vorhandene Vakuum soll bewusst wahrnehmbar sein und bildet sich innerhalb einer neuen konstruktiven und schützenden Hülle im Sinne eines Fossils ab. Der prägende Entwurfsgedanke ist daher: Die entstandene Lücke baulich erlebbar machen statt den Turmhelm nachzubilden.

Vor diesem Hintergrund wurde der neue Turmhelm als eine zweischichtige, halbtransparente und äußerlich kubische Konstruktion geplant, welche sich über die Spannung zwischen Innen und Außen, die Überlagerung der Oberflächenstrukturen und ein Spiel aus Verdichtung und Transparenz je nach Blickwinkel definiert. Die innere Hülle stellt als Negativ die Silhouette der ehemaligen Turmspitze dar, wodurch diese hinter der äußeren und etwas transparenten Hülle indirekt jedoch klar ablesbar als ein Fossil zum Vorschein kommt. Die historische Silhouette durchdringt als Hohlraum mit den vier ehemaligen Turmgiebeln die Struktur sowie die äußere schützende Hülle und ermöglicht auf der Aussichtsplattform den freien Ausblick auf die Stadt.

Tagsüber wird die Wirkung des Turmhelms in Stadtbild und -panorama durch die, aus Überlagerung der Schichten entstehende, Silhouette innerhalb des Kubus gekennzeichnet sein. Bei Dunkelheit soll durch gezielte Ausleuchtung des Hohlraums von der Aussichtsplattform aus und das auf der inneren Gewebehülle entstehende Streiflicht die historische Kontur hervorheben, während die äußere Hülle sich in diffusem Licht zurücknimmt.

Lage und Bauweise des Treppenaufgangs vom Platz bis zum Einstieg in den Turm sind bewusst so konzipiert, dass der Besucher beim Aufstieg ganz gezielt auf den Turm bzw. das Baudenkmal fokussiert wird. Die dreiseitige Hülle aus Sichtbeton ist vom Turm abgelöst und nimmt indirekt vorhandene Fluchten auf. Sie übernimmt als geschlossene Hülle eine abschirmende Funktion gegenüber der Umgebung. Der Besucher setzt sich so mit dem Turm auseinander und kann unmittelbar die Fassade und dessen bauliche Epochen erleben und spüren. Ein weiterer bedeutender Effekt der gewählten Treppenform ist, dass ein Ausblick auf die Umgebung erstmals und ausschließlich auf der Aussichtsplattform und nicht bereits von der Treppe aus  möglich ist.

Es entsteht auf dem Weg über die beiden verschiedenen Treppen vom Platz bis zur Aussichtsplattform im Sinne einer gewissen Dramaturgie ein bewusst gewünschtes Spiel aus Enge im Aufgang und Weite auf der Aussichtsplattform.

Bauaufgabe:Neubau einer Turmspitze mit Aussichtsplattform und Aufgang
Ort:Mainz
Auslober:GWM - Gebäudewirtschaft der Stadt Mainz
Bearbeitung:2018